REICHSARCHIV BAND 34, VON SEITE  161 BIS 172

Schwere Kämpfe bei Gr. Conta. - Aufgaben der Gr. Schmettow. 161

vorm. zum Angriff an. Auch hier ging es nur langsam vorwärts. Neben dem flankierenden Feuer vom Südufer der Marne her machten sich zahlreiche M.G.Nester am Steilhang südwestlich der Savarts Fe besonders lästig bemerkbar. Nach mühevollem, schwerem Kampf hatten sich beide Regimenter nur wenig gegen l'Echelle und die Savaris Fe herangearbeitet, als sie von mehreren, teilweise von Tanks begleiteten französischen Gegenstößen getroffen wurden. Es gelang, die bis in den Nachmittag hinein anhaltenden feindlichen Angriffe restlos abzuschlagen, doch kam es darüber nicht mehr zu einem neuen, einheitlichen eigenen Angriff, wie ihn General v. Conta in seinem Gruppenbefehl von 130 nachm. (s.o.) auch für die 2. Garde-Inf.Div. angeordnet hatte. Die Regimenter Franz und Alexander nahmen indessen nach beendeter Abwehr der französischen Vorstöße ihr Vorgehen selbständig wieder auf. Es gelang ihnen im Laufe des späten Nachmittags, l'Echelle und die Höhe 164 (400 m westlich Tincourt) zu nehmen, sich bis auf Sturmentfernung an Venteuil und Tincourt heranzuarbeiten und die M.G.Nester im Savaris-Walde auszuheben. In der Nacht wurde schließlich noch Tlncourt vom 1. GardeGren.Regt. erstürmt. Die Verluste der Regter. Franz und Alexander waren nicht unerheblich.

Die im Abschnitt der Gruppe Conta als Armeereserve stehende 28. (bad.) Res.Div. blieb am 16. Juli in ihrem am Vortage bezogenen Raume.

Im Rahmen der veränderten Operationsabsichten war die Aufgabe, die der Gruppe S ch m e tt o w bei dem Angriff am 16. Juli zufiel, Fortsetzung des Vorstoßes gegen die Straße Reims-Epernay, nahezu die wichtigste innerhalb der 7. Armee. Hierzu hatte der Kommandierende General in einem kurz vor Mitternacht erlassenen Gruppenbefehl der 195. Inf.Div. die Erkämpfung des Rodemat- und Königswaldes aufgetragen. Die 12. bayer. Inf.Div. sollte so früh wie möglich beiderseits der Straße la Neuville-Fleury - d. h. in südöstlicher Richtung! -angreifen und nach Inbesitznahme des letztgenannten Ortes weiter im bisherigen Gefechtsstreifen der 195. Inf.Div. - d. h. nach Osten! - vorgehen. Die 22. Inf.Div. hatte gleichzeitig mit den Bayern anzugreifen und mit der Mitte auf Ranteuil - also von Anfang an in östlicher Richtung! - vorzustoßen. Von der 123. (sächs.) Inf.Div. sollte sich an diesem Angriff nur der rechte Flügel beteiligen, sein Ziel war das Dorf Pourcy. Eine besondere Operation bildete der Angriff des linken Gruppenflügels. Dort sollten, wie ein Korpsbefehl von 10 vorm. bestimmte,

162 Der Angriff der 7. Armee am 16. Juli.

unter dem Befehl des Kommandeurs der 123. Inf.Div. die Masse dieser sowie die 103. Inf.Div. nach Artillerievorbereitung gegen die Italiener auf den Reimser Höhen vorstoßen, um den Höhenrand über Chamery zu erreichen und damit Waffenwirkung in die Reimser Ebene zu gewinnen.

Die 195. Inf.Div. hatte die Wiederaufnahme des Angriffs für 60 vorm. befohlen. Die Truppe war während der Nacht geordnet worden, alle drei Jäger-Regter., von rechts nach links: 14, 6 und 8, blieben in vorderer Linie eingesetzt. Der Angriff gegen den sich tapfer wehrenden Feind, der sich zähe an das Waldgelände klammerte, war auch an diesem Tage wieder schwer, es gelang den Jägern nur langsam vorwärtszukommen und Schritt vor Schritt Boden zu gewinnen. Französische Gegenstöße brachten vorübergehende Rückschläge. Am frühesten hatte das auf dem linken Flügel angreifende Jäg.Regt. 8 das Bois du Roi durchschritten, es trat gegen 100 vorm. etwa 1200 m nördlich der Fe d'Harnotay auf die freie Höhe heraus, stieß aber hier schon bald wieder auf heftigen Widerstand farbiger Franzosen und blieb liegen. Etwas später hatte sich auch das mittlere Regiment, Jäg.Regt. 6, mit Teilen durch den Wald gekämpft, in dem es u. a. zwei schwere Geschütze erbeutete. Am schwersten hatte der rechte Flügel zu ringen. Das hier angreifende Jäg.Regt. 14, dessen Gefechtsstärken durch die schweren Verluste am Vortage außerordentlich gesunken waren*), erreichte erst gegen Mittag den Waldrand westlich der Savarts Fe. Der gemeinsame Angriff der Jäg.Regter. 14 und 6 gegen diesen Hof und den ihn umgebenden Wald begann am Nachmittag, erreichte aber erst am späten Abend sein Ziel. Auch der linke Flügel der Division hatte das Gewonnene zwar halten, aber nicht erweitern können. Am Abend gruben sich die Jäger in den erreichten Linien ein. Nach links bestand Anschluß zur 12. bayer. Inf.Div.

Der Angriff der 12. bayer. Inf.Div. war von vornherein schwierig: Einmal führte er quer durch die in rein östlicher Richtung laufenden Gefechtsstreifen der 22. und 195. Inf.Div., sodann wurde der durch die Charmoise-Mulde und ihre verschiedenen Seitentäler gebildete Talkessel, aus welchem heraus der Angriff zu erfolgen hatte, aus den vom Feinde noch besetzten Stellungen bei la Poterne vollkommen eingesehen und beherrscht und schließlich mußte das Auseinanderstreben der Angriffsrichtungen der 22. und 12. bayer. Inf.Div. zwangsläufig zu einer Flankierung der letzteren vom Courton-Walde her führen. Zur leichteren

*) Die Gefechtsstärke seiner Bataillone betrug nur noch 70, 120 und 180 Mann!

Erstürmung der Savarts Fe. - Erfolgloser Angriff der 12. bayer. Inf.Div. 163

Überwindung dieser Schwierigkeiten und um das Zusammenarbeiten beider Divisionen sicherzustellen, hatte Genlt. Gr. v. Schmettow die 22. Inf.Div., die übrigens mit der Hälfte ihrer Artillerie den Angriff der 12. bayer. Inf.Div. vorbereiten sollte, für den Angriff selbst dem Kommandeur der bayerischen Division, Generalmajor Frhr. N a g e 1 zu A i ch b e r g , unterstellt. Dieser setzte den Angriffsbeginn zunächst auf 50 vorm., später - wegen Verzögerung der Bereitstellung feiner eigenen Division - auf 550 vorm. fest. Es wurde indessen 70 vorm., bis die bayerischen Regimenter 26 und 28 ihre Ausgangsstellung erreicht hatten und nach kurzer Artillerievorbereitung antraten. Das 27. Inf.Regt. bildete die Reserve des Divisionskommandeurs. Zunächst schien es, als ob der Angriff ohne große Schwierigkeiten vor sich gehen würde; der Feind war anscheinend durch die Angriffsrichtung der 12. bayer. Inf.Div. überrascht, das Vorgehen stieß kaum auf Widerstand. Sehr bald aber hatte der Gegner die Lage erfaßt, seine Batterien legten starkes Sperr- und Vernichtungsfeuer vor die französischen Linien bzw. in die Charmoise-Mulde, auch die befürchtete Flankierung aus dem Courton-Walde trat jetzt in die Erscheinung. Trotzdem stürmten die beiden bayerischen Regimenter mit hervorragendem Schneid vorwärts. Gegen 80 vorm. hatte das 28. Regt. den Höhenrand unmittelbar nördlich la Poterne, gegen 830 vorm. das 26. das Wäldchen nordwestlich Grand Pré erreicht. Dort brach sich der Angriff im Feuer der feindlichen Maschinengewehre, es gelang nicht, ihn wieder in Gang zu bringen. Dem Vorgehen der Bayern hatte sich übrigens auch das Inf.Regt. 83 der 22. Inf.Div. (ohne III. Batl., welches zum Inf.Regt. 82 abgekommen war) von seiner Stellung westlich Belval aus (vgl. S. 96) angeschlossen, sein Angriff auf Höhe 242 und la Poterne war aber ebenfalls mißlungen, die vorderste Linie lag jetzt am Hang 400 m östlich Belval zwischen den bayerischen Regimentern. Gegen Mittag begann der Feind mit einer Reihe heftiger Gegenangriffe, die aber sämtlich abgeschlagen werden konnten. General Frhr. v. Nagel beabsichtigte nunmehr, den eigenen Angriff um 70 abds. nach kräftiger Artillerievorbereitung zu erneuern. Dabei sollte das 26. Inf. Regt. weit nach Westen ausholen, den von der 195. Inf.Div. genommenen Teil des Bois du Roi westlich und südlich la Fortelle durchschreiten und den stark verdrahteten und besetzten Ostteil des Königswaldes von der Flanke und von rückwärts fassen. Das 27. Inf.Regt. dagegen, bisher Divisionsreserve, hatte gemeinsam mit den Resten der Regter. 83 und bayer. 28 bei Einbruch der Dunkelheit la Poterne von Nordwesten und

164 Der Angriff der 7. Armee am 16. Juli.

Westen zu nehmen. Aber auch dieser Angriff brachte keine Erfolge. Regt. 26 gelangte im schwersten feindlichen Artillerie- und M.G.Feuer nur bis zu dem schmalen Waldstreifen hart südwestlich der Gge. de Grand Pré, die Kämpfe um la Poterne aber, die bis in die Nacht hinein anhielten, endigten mit der Zurücknahme der Angreifer in die Ausgangsstellung.

Bei der 22. Inf.Div. wurde die befohlene Angriffszeit innegehalten, 550 vorm. stießen die Inf.Regtr. 167 und 82 nach kurzer Artillerie- und Minenwerfervorbereitung gegen die feindlichen Stellungen im Courton-Walde vor. Regt. 83 sollte sich nach dem Divisionsbefehl dem Angriff anschließen. (Das Regiment griff tatsächlich im Rahmen der 12. bayer. Inf.Div. an, der es dann auch während des ganzen 16.7. unterstellt blieb.) Die Regter. 167 und 82 - letzteres verstärkt durch das III./83 -trafen auch heute wieder auf erheblichen Widerstand des Feindes, der seinerseits mehrfach zu kräftigen Gegenangriffen schritt. Die Erfolge der 22. Inf.Div. blieben daher zunächst gering, nur beim Regt. 167 gelang es, in den vordersten französischen Graben einzudringen und ihn ein Stück weit aufzurollen. Wesentlich größere Ergebnisse hatte aber eine nach erneuter, gründlicher Vorbereitung unternommene Wiederholung des Angriffs um 445 nachm. Sie führte zu einem völligen Durchbrechen der feindlichen Stellungen im Courton-Walde, am Abend hatten die tapferen kurhessischen Regimenter den Ostrand dieses Waldes sowie des Bois de Nanteuil erreicht, Teile waren sogar in das Bois de Sarbruge vorgestoßen. Ein von Italienern geführter Gegenstoß aus Nanteuil bei Einbruch der Dunkelheit wurde abgewiesen. Reiche Beute fiel im Courton-Walde in die Hände der Sieger.

Damit war der Durchbruch durch die 2. feindliche Stellung in einer immerhin nennenswerten Breite gelungen! Ein nicht unwesentlicher Anteil an diesem Erfolge fiel der braven Artillerie der 22. Inf.Div. zu, die in dem unübersichtlichen Waldgelände Vorzügliches geleistet hatte. Dankbar war die Angriffsinfanterie auch der bayer. Flieger-Abt. 295, welche den Sturm auf die stark ausgebauten feindlichen Stellungen begleitet und durch Bomben- und M.G.Angriffe unterstützt hatte.

Von der 123. (sächs.) Inf.Div. hatte sich das auf dem rechten Flügel stehende Inf.Regt. 178 dem Gruppenbefehl (vgl. S. 161) zufolge mit Teilen an dem Angriff der 22. Inf.Div. im Courton-Walde zu beteiligen. Ein Vorgehen gelang hier jedoch nicht.

Für den gemeinsamen Angriff der 123. und 103. Inf.Div. auf die Reimser Höhen (vgl. S.162) hatte Genlt. L u c i u s in einem am frühen

Erfolge der 22., 123. und 103. Inf.Div. 165

Morgen des 16.7. erlassenen Befehl bestimmt, daß die 123. Inf.Div. südlich, die 103. nördlich der Linie Kirche Marfaux-Ecueil Fe vorgehen sollten. Die 103. Inf.Div. hatte hierzu bis 120 mittags mit zwei Regimentern den Abschnitt des Inf.Regts. 351 und den nördlichen Teil des Abschnitts des Res.Inf.Regts. 106 zu übernehmen. Der Angriff kam jedoch in dieser Form nicht zur Ausführung. Gegen 830 vorm. teilte nämlich die links benachbarte 86. Inf.Div. mit, daß ihre Patrouillen in den Nordteil des Bois de Reims eingedrungen wären und Bouilly vom Feinde frei gefunden hätten. Genlt. Gr. v. Schmettow, der durch die Gruppe Borne ebenfalls von diesen Feststellungen der 86. Inf.Div. Kenntnis erhalten hatte, befahl daraufhin, daß Genlt. Lucius mit den ihm unterstellten Divisionen sogleich in Fühlung mit dem rechten Flügel der 86. Inf.Div. und in gleicher Höhe mit dieser vorgehen sollte. Genlt. Lucius glaubte unter diesen Umständen die angeordnete Ablösung des linken Flügels seiner Division durch die 103. Inf.Div. nicht erst abwarten zu können und befahl (nach vorherigen Einzelanordnungen) um 1120 vorm. ein Vorgehen der 123. Inf.Div. aus ihrer derzeitigen Stellung. Die 103. Inf.Div. sollte zunächst bis Marfaux folgen und die linke Flanke der 123. sichern.

Die Mutmaßung, daß der Gegner etwa diesen Teil des Reimser Waldgebirges aufgeben wollte, erwies sich aber sehr bald als irrig. Die Regimenter der 123. Inf.Div. stießen bei ihrem Vorgehen sofort auf starken Widerstand. Inf.Regt. 178 machte im Courton-Wald und in Richtung auf Pourcy keinerlei Fortschritte, und auch Res.Inf.Regt. 106 lag nach Uberschreiten des Ardre-Grundes schon bald vor dem stark besetzten, verdrahteten Pourcy-Walde fest. Dem Inf.Regt. 351 dagegen gelang es, am späten Nachmittag mit Teilen das Bois de Reims zu durchstoßen und bis in die Gegend von Courmas vorzudringen.

Die 103. Inf.Div. hatte drei Marschgruppen gebildet, die entsprechend dem Vordringen der 123. nachrücken sollten. Sie erhielt am Abend von Genlt. Lucius den Befehl, mit dem durch eine Pionier- und eine Minenwerfer-Kompagnie verstärkten Inf.Regt. 32 über Courmas hinaus vorzustoßen, das Bois d'Ecueil zu säubern und dessen Nord- und Ostrand zu besetzen. Das Regiment erreichte in der Nacht vom 16./17.7.130 vorm. den Ostrand des Reimser Waldes und fand Anschluß an das Inf.-Regt. 351, zwischen dessen weit auseinandergezogene Bataillone es sich einschob. Von einer Säuberung des Bois d'Ecueil, aus dem starkes Feuer herüberschlug, mußte aber in der Dunkelheit Abstand genommen

166 Der Angriff der 7. Armee am 16. Juli.

werden. Die beiden anderen Marschgruppen gelangten bis in die Gegend von Nappes, wo sie halten blieben.

Neben verschiedenen Mißerfolgen hatte der 16. Juli der Gruppe Schmettow auch einige einwandfreie Erfolge gebracht. Vor allem war natürlich der Durchbruch der 22. Inf.Div. durch die zweite feindliche Stellung hoch zu bewerten, auch auf dem linken Flügel bei der Kampfgruppe Lucius schien die Lage nicht ungünstig zu sein. Auch hier wieder konnte erst der folgende Tag zeigen, ob es gelingen würde, die örtlichen Gewinne zu erweitern und damit zu dem erstrebten Ziel, der Gewinnung der Straße Epernay-Reims und des Höhenrandes, zu kommen.

Genlt. v. d e m B o r n e hatte in einem um Mitternacht vom 15./16.7. ausgegebenen Gruppenbefehl die 86. Inf.Div. angewiesen, am 16. Juli den am Vortage so erfolgreich ausgeübten Druck auf die Italiener fortzusetzen, ohne auf den Beginn des Angriffs der 103. Inf.Div. zu warten. Demgemäß begannen die Inf.Regter. 344, 343 und 341 schon frühzeitig vorzufühlen. Regt. 344 auf dem rechten Flügel stieß auf nur schwachen Widerstand, durchschritt im Laufe des Vormittags Bouilly und drang dann weiter bis Courmas vor, das am späten Nachmittag erreicht wurde. Eine Anzahl von Gefangenen sowie 8 Geschütze und 22 Maschinengewehre waren seine Beute. Das in der Mitte des Divisionsabschnitts eingesetzte Inf.Regt. 343 konnte Clairizet nehmen, doch waren alle gemeinsam mit dem Regt. 341 unternommenen Versuche, die beherrschenden Höhen westlich Vrigny und nördlich Clairizet zu erobern, erfolglos. Die französische Besatzung hielt, allem Artillerie- und Minenwerferfeuer zum Trotz, unerschüttert aus. Bei einem letzten, 850 abds. nach längerem Gas- und Zerstörungsschießen unternommenen Sturm gelang es den 341ern, den vordersten feindlichen Graben zu nehmen und einige Gefangene zu machen. Starke Gegenstöße der Franzosen zwangen jedoch die eingedrungenen Stoßtrupps, die gewonnene Stellung wieder aufzugeben und während der Nacht in die Ausgangslinie zurückzugehen.

Die Kämpfe des 16. Juli hatten für die 7. Armee die Lage wesentlich geklärt. Es stand jetzt fest, daß der Gegner in genauer Kenntnis des bevorstehenden deutschen Angriffs nicht nur seine örtlichen, sondern auch seine Heeresreserven herangezogen und bereitgestellt hatte, um dem deutschen Vordringen in offensiver Abwehr zu begegnen. Dies war besonders bei den Kämpfen südlich der Marne zum Ausdruck gekommen, bei denen die Franzosen teilweise schon die Vorhand gewonnen hatten.

Vordringen d. Gr. Borne. - Vorschlag d. 7. Armee f. Fortsetzung d. Angriffs. 167

Durch ihre Gegenangriffe war der geplante Vorstoß der Gruppe Wichura überhaupt nicht zur Ausführung gelangt, und auch bei der Gruppe Conta hatte die offensive Verteidigung des Feindes das Vordringen der eigenen Divisionen teils schon im Keime erstickt, teils nach geringen Erfolgen zum Halten kommen lassen. Dazu kam, daß die gegen das Marnetal gerichtete, äußerst wirkungsvolle Tätigkeit der feindlichen Artillerie, verbunden mit den unaufhörlichen Bombenangriffen der französisch-amerikanischen Fliegergeschwader, nicht nur schwere, blutige Verluste unter den mit der Instandhaltung der Brücken beauftragten Pionieren sowie den Bagagen und Kolonnen verursacht, sondern auch den gesamten Nachschub an Verpflegung, Munition und Material in bedenklichem Ausmaße gefährdete.

Nördlich der Marne lagen die Dinge etwas günstiger. Zwar hatten auch hier bei der 2. Garde-Inf.Div. und dem rechten Flügel der Gruppe Schmettow französische Gegenangriffe die deutschen Operationen in weitem Umfang durchkreuzt, dagegen war es bei der 22. Inf.Div. geglückt, den eigenen Angriff im Gange zu halten und die sehr starke 2. feindliche Stellung im Courton-Walde zu durchbrechen. Auch weiter nördlich schien es, als ob die beabsichtigte Gewinnung des Höhenrandes gute Fortschritte machte.

Aus dieser Lage ergab sich die Fortführung der Operationen beinahe zwangsläufig: Südlich der Marne schien eine Fortsetzung des An-griffs unter den derzeitigen Umständen aussichtslos, hier blieb nur der-zum mindesten vorläufige - Übergang zur Abwehr möglich. Nördlich des Flusses dagegen konnte eine kraftvolle Fortführung der Offensive die Gewinnung des Höhenrandes bringen, von welcher wiederum die Räumung des Reimser Beckens durch den Gegner zu erwarten stand. Generaloberst v. B o e h n schlug dem Heeresgruppenkommando eine Fortsetzung der Operationen in dieser Form vor.

168 Der Angriff der 1. Armee.

F ür den 16. Juli hatte General d. Inf. v. M u d r a die Fortsetzung des Angriffs befohlen*). Der Infanterieangriff sollte um 110 vorm. stattfinden, ihm hatte von 1040 bis 110 ein ,,Feuerschlag" der Artillerie vorauszugehen. Die Zeit bis 100 vorm. war dazu auszunutzen, durch genaues Einschießen sowie Bekämpfen feindlicher M.G.Nester und Batterien den Infanterieangriff gut vorzubereiten.

Während der Nacht vom 15./16. Juli war es bei der 1. Armee an verschiedenen Stellen zu örtlichen Infanteriekämpfen gekommen, einen stärkeren französischen Vorstoß hatte gegen 20 vorm. die 15. bayer. Inf.-Div. abzuweisen gehabt.

Bei der 203. Inf.Div. war das feindliche Störungsfeuer die ganze Nacht hindurch sehr lebhaft gewesen, wiederholt hatte die französische Infanterie südlich des Kanals ein nervöses M.G.Schießen eröffnet. Verhältnismäßig ruhig war die Nacht dagegen an den Abschnitten der Gruppe Ilse sowie der Gruppen Gontard und Langer verlaufen; bei der Gruppe Ilse hatten sich deutsche Erkundungstrupps mehrfach gegen die feindlichen Gräben vorgeschoben und dabei festgestellt, daß der Geg-

*) Der Angriffsbefehl für den 16.7. ist vom A.O.K. 1 schon am späten Abend des 15.7. v o r Eingang der Weisung der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz (vgl. S.146) gegeben worden. Es steht aber fest, daß das A.O.K. 1 vom Inhalt dieser Weisung bzw. von den Absichten der Heeresgruppe und O.H.L. bereits Kenntnis gehabt hat (vgl. Fußnote auf S.146); andernfalls würde der Angriffsbefehl mit der Auffassung der Lage durch General v. Mudra (vgl. S. 121) im Widerspruch stehen.

Der Angriffsbefehl für den 16. Juli. 169

ner seine Stellungen westlich, nördlich und östlich von Reims unverändert besetzt hielt.

Mit größter Energie war die Munitionsergänzung durchgeführt worden. Es hatte sich erreichen lassen, daß der Artillerie für den heutigen Tag, insbesondere für den Feuerschlag zur Vorbereitung des Angriffs, genügende Munition zur Verfügung stand. Übrigens war während der Nacht auch bereits mit dem Herausziehen der zum Abtransport zur Heeresgruppe Rupprecht (,,Hagen"-Angriff) bestimmten Batterien usw begonnen worden.

An der Front der Gruppe I 1 s e brachte der 16. Juli keine wesentlichen Ereignisse. Deutscherseits wurde die lebhafte Patrouillentätigkeit zur Feststellung etwaiger Räumungsabsichten des Gegners während des ganzen Tages fortgesetzt, die Franzosen hatten aber offenbar keineswegs die Absicht, Reims aufzugeben. Mit seiner schwachen Artillerie suchte das XV. A.K. den Angriff des linken Flügels der 7. Armee flankierend zu unterstützen, die deutschen Batterien kamen dabei zu guter Wirkung.

Von der Gruppe L i n d e q u i st sollte nur die 15. bayer. Inf.Div. angreifen und sich zunächst in den Besitz von Wez und Thuizy sowie des nördlichen Vesle-Ufers setzen. Die beiden anderen Divisionen 1. Linie (238. und 203.) hatten in der Verteidigung zu bleiben, die 8. bayer. Res.-Div. war bereits während der Nacht aus der Front gezogen und als Armeereserve zwischen der früheren 1. deutschen Stellung und Beine versammelt worden.

Die 238. Inf.Div. hatte ihr Inf.Regt. 463, bisher Korpsreserve (vgl. S. 105), näher an den rechten Flügel der 203. Inf.Div. herangezogen. Im Abschnitt des Regts. 464 vorfühlende Patrouillen fanden den vordersten französischen Graben unbesetzt, im zweiten stießen sie auf Widerstand. Im übrigen verlief der Tag sowohl bei der 238. wie auch bei der östlich anschließenden 203. Inf.Div. ohne wesentliche Kämpfe. Die letztere konnte weitere Teile ihrer Artillerie über das Trichtergelände vorziehen. Versuche feindlicher Patrouillen, über den Kanal vorzustoßen, wurden abgewiesen. Am Nachmittag übernahm die 238. Inf.Div. den Befehl über den Abschnitt des Inf.Regts. 465, d. h. bis zur Schleuse südöstlich Petit Sillery.

Im Abschnitt der 15. bayer. Inf.Div. sollte der Angriff vor allem durch das während der Nacht nach les Marquises Fe geschobene (vgl. S. 116) 32. Inf.Regt. erfolgen, welches zunächst im Abschnitt der 203. Inf.Div. vorzugehen und dann gegen den Feind vor der eigenen Divisionsfront einzuschwenken hatte. Die beiden anderen Regimenter sollten

170 Der Angriff der 1. Armee am 16. Juli.

sich anschließen. Der Beginn des Angriffs verlief planmäßig, gegen 130 nachm. lag Regt. 32, Front nach Südosten, im Gefecht zwischen dem Wege Prunay-Wez und dem Bahndamm. Ein weiteres Vordringen gelang den 32ern aber ebensowenig, wie es dem 30. und 31. Regt. glückte, frontal vorwärtszukommen. In den ersten Nachmittagsstunden lag der Angriff der 15. bayer. Inf.Div. überall fest, die Kampftätigkeit ließ mehr und mehr nach. Wenn die Verluste der Division auch geringer blieben als am Vortage, waren sie doch immerhin erheblich, sie betrugen bei den drei Infanterie-Regimentern insgesamt 9 Offiziere und 336 Mann.

Die Gruppen Gontard und Langer hatten den Angriff in ihren bisherigen Gefechtsstreifen fortzusetzen. Beide wurden in dem Armeebefehl angewiesen, den Schwerpunkt des Angriffs auf ihren rechten Flügel zu legen.

Bei der Gruppe Gontard hatte sowohl die 3. Garde- wie auch die 26. Inf.Div. von einem Auswechseln der in vorderer Linie eingesetzten Regimenter abgesehen. Wieder griffen bei der 3. Garde-Inf.Div. Gren.Regt. 9 und das Lehr-Inf.Regt., bei der 26. Inf.Div. die Inf.Regter. 121 und 125 an. Bei der 3. Garde-Inf.Div. war allerdings von dem nicht mehr zur Ausführung gelangten Abendangriff des Vortages her (vgl. S.117) auf dem äußersten rechten Flügel, teilweise sogar im Abschnitt der 15. bayer. Inf.Div., das III./Garde-Füs. in der vorderen Linie geblieben. Im übrigen sollte das Garde-Füs.Regt. dem Gren.Regt. 9 als Reserve folgen. Bei der 26. Inf.Div. hatten zwei Kompagnien (6. und 7.) des Gren.Regts. 119 den rechten Flügel des Regts. 121 verstärkt, der Rest der Grenadiere bildete auch am 16. Juli die Divisions- bzw. Brigadereserve.

Die eigenen Batterien waren bei beiden Divisionen während der Morgenstunden sehr tätig gewesen, sie hatten sich nach Möglichkeit auf die feindlichen Stellungen eingeschossen und die Bekämpfung der französischen Artillerie aufgenommen. Bei der 3. Garde-Inf.Div. war es übrigens bis zum Beginn des Angriffs (110 vorm.) noch nicht gelungen, Batterien oder auch nur einzelne Geschütze über das Trichtergelände vorzuziehen; erst kurz vor Mittag konnten zwei Begleitbatterien südlich der bisherigen 1. französischen Linie in Stellung gebracht werden.

Bei der 3. Garde-Inf.Div. zeigte sich sogleich bei Beginn des Angriffs, daß die Artillerievorbereitung viel zu kurz gewesen war, die feindlichen Stellungen waren durchaus noch nicht sturmreif. Außerdem setzte auf der ganzen Divisionsfront im Augenblick des Antretens der

Erfolglose Angriffe der Gruppen Lindequist und Gontard. 171

Sturmtruppen gutliegendes Sperrfeuer ein, der Angriff blieb daher überall stecken, nur auf dem äußersten linken Flügel konnte von der 7./Lehr-Regts. ein schmales Stück des französischen Grabens genommen werden. Der Divisionskommandeur, Generalmajor v. R o e d e r, beabsichtigte, den Angriff am Nachmittag durch umfassendes Vorgehen des Garde-Füs.Regts. durch den Abschnitt der 15. bayer. Inf.Div. hindurch wieder in Fluß zu bringen. Es kam jedoch nicht mehr hierzu, da vorher eine Weisung des A.O.K. 1 eintraf, auf der ganzen Armeefront die Offensive einzustellen (vgl. S.173).

Vor der rechten Hälfte der Angriffsfront der 26. Inf.Div. hatte das Vorbereitungsfeuer der Artillerie im allgemeinen gut gelegen; trotzdem war auch hier die Gegenwirkung sehr stark. Dem I. und II./121 gelang es, sich im Handgranatenkampf einige hundert Meter vorzuschieben, gegen 10 nachm. lag aber auch hier der Angriff fest. Nur die 6./119 vermochte noch weiter gegen den Nordwestrand von Prosnes hin vorzudringen, sie kam bei Croix Poitiers bis dicht an die feindliche Stellung heran und konnte dort drei Gegenstöße erfolgreich abwehren, Aber obgleich hier noch Teile des I. und III./121 nachrückten, war dieser weit vorgeschobene Posten auf die Dauer nicht zu halten; vor drohender Umfassung mußten die tapferen Württemberger wieder bis an die Römerstraße zurückgehen. Beim Inf.Regt. 125 war das Vorbereitungsfeuer von geringerer Wirkung gewesen, der Angriff des auf dem rechten Flügel vorgehenden II./125 blieb daher schon Im ersten Anfang stecken. Der des III. Batls. gegen den Teil der feindlichen Stellung, der süd-westlich des vom Vorlage her berüchtigten Stellungsknies lag, gelangte trotz heftigsten M.G.Feuers über das Drahthindernis hinweg bis unmittelbar vor den französischen Graben. Dort mußten die Angreifer aber liegenbleiben und sich in Granattrichtern einnisten. Der Sturm des auf dem linken Flügel vorgehenden I./125 schließlich brachte die Angriffskompagnien bis auf 200 m an das Stellungsknie heran. Nach Einbruch der Dunkelheit wurden das III. und I. Batl. In ihre Ausgangsstellung zurückgenommen.

Von den Divisionen der Gruppe Langer hatte die Garde-Ers.Div. in der Nacht vom 15./16. Juli mit besonderer Energie das Vorziehen ihrer Artillerie betrieben, am Morgen des 16. standen insgesamt 17 Feldbatterien südlich des Keil- und Pöhl-Berges in Stellung. Aber trotz aller Bemühungen, die Gegenwirkung der feindlichen Artillerie teilweise auszuschalten, begannen die französischen Batterien schon vor Beginn des deutschen Angriffs ein starkes Sperrfeuer vor die Einbruchsstellen zu

172 Der Angriff der 1. Armee am 16. Juli.

legen. Das Vorbringen des 6. Garde-Regts. sowie des Inf.Regts. 399 kam daher schon nach wenigen hundert Metern zum Stehen, die Angriffstruppen mußten in der folgenden Nacht wieder zurückgenommen werden.

Das gleiche Schicksal hatte der Angriff der 199. Inf.Div. Hier gelang es lediglich der 5./Res. 237, vorübergehend in den feindlichen Graben einzudringen, ein sofortiger Gegenstoß zwang sie jedoch, unter erheblichen Verlusten zurückzugehen.

Die 239. Inf.Div. hatte für die Fortsetzung des Angriffs am 16. Juli eine Neugliederung ihrer Infanterie befohlen, nach ihrer Durchführung lagen die Regimenter in der Reihenfolge (von rechts nach links): 467 - 466 - 468 in Front*). Das Felda.Regt. 55 war abteilungsweise dicht hinter der vorderen Linie in Stellung gegangen.

Aber auch hier brachte der Angriff nur vorübergehende bzw. Teilerfolge. Auf dem rechten Flügel führte er bis unmittelbar vor die feindliche Stellung, doch mußten die hier kämpfenden Bataillone nach Abwehr eines Gegenstoßes unter starten Verlusten schließlich wieder in die Ausgangsstellung zurückgehen. In der Mitte durchstieß III./466 die feindlichen Linien, gelangte bis dicht an die Römerstraße, konnte sich aber hier nicht halten und setzte sich schließlich im südlichsten Graben der Stellung nördlich der Römerstraße fest. Auf dem linken Flügel endlich ging es zunächst gut vorwärts, Teile des Inf.Regts. 468 überschritten die Römerstraße. Dann lief sich aber auch hier der Angriff fest. Einen erbitterten, über zwei Stunden währenden Kampf hatte die 12. Komp. um ein schon tags zuvor heißumstrittenes M.G.Nest zu führen. Die tapfere amerikanische Besatzung (Inf.Regt. 165) wehrte sich bis zum letzten Mann, sämtliche 30 Verteidiger fielen; acht Maschinengewehre waren hier die Beute. Ein Versuch bes Regts. 468, nach erneuter Artillerievorbereitung von 145 bis 230 nachm. den Angriff wieder in Fluß zu bringen, schlug fehl. Das Regiment wurde schließlich zur Vermeidung der von beiden Seiten drohenden Umfassung in die Ausgangsstellung zurückgenommen.

Der Angriff der 1. Armee war somit überall restlos mißglückt, zum mindesten hatte er keinerlei Geländegewinn gebracht, der den Feind zu einer Aufgabe des Beckens von Reims hätte veranlassen können. Inwie

*) Vollständig war die Neugruppierung nicht gelungen. I./466 erhielt den Befehl zu spät und blieb aus dem rechten Flügel, auf dem es dann auch den Angriff mitmachte.

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