Ein Dankeschön an unseren Freund Herrn Jacques Lemarié aus Deutschland, der uns diesen Text übermittelt hat.
Falls jemand anders uns auch helfen will, entweder mit Übersetzungen oder Übermittlung von Dokumenten, welche die 2. Marneschlacht betreffen, so ist er herzlich willkommen. Vielen Dank im voraus.
Bei der Gruppe Watter setzte das feindliche Artilleriefeuer schlag-
artig an der ganzen Front um 5.30 vorm. ein. Es lag hauptsächlich
auf den vorderen Infanterie-Stellungen und Bereitschaftsplätzen, war
aber teilweise auch auf die Batterien und, bis weit ins Hintergelände
hinein, auf Ortschaften und Anmarschwege gerichtet. Einzelne Stellungs-
teile, Befehls- und Beobachtungsstellen wurden stark vernebelt. Auf eine
planmäßige Bekämpfung der deutschen Artillerie vor dem Infanterie-
angriff hatte der Gegner auch hier völlig verzichtet, dagegen nahm er sie
stellenweise (z. B. bei der 14.Res.Div.) während des Angriffs auf.
Sehr bald waren nahezu sämtliche Verbindungen von der Front nach
rückwärts unterbrochen; Fernsprech- und Blinkverbindung feindwärts
der Brigadestäbe versagten völlig. Funk- und Ertel*)-Verbindung funk-
tionierten nur noch stellenweise und mangelhaft.
Auch hier wurden sogleich nach dem Einsetzen des Artilleriefeuers
von Gruppenkommando und von den Divisionen alle Maßnahmen zur
Alarmierung der Reserven pp.ergriffen: Das Gruppenkommando be-
fahl der 28. Inf.Div., nach links aufzumarschieren: Füs.Regt. 40 in Linie
Buzancy -- Villemontoire, Gren.Regt. 110 mit III./Felda. 269 nach Visi-
gneux. (Das dritte Regiment der 28.Inf.Div., Leib-Gren.Regt. 109, stand
bereits im Raum Berzy -- Noyant am weitesten vorn.) Jedem der drei
Regimenter war eine Batterie der III./Felda. 14 als Begleitbatterie zu-
geteilt. Ferner wurde das Res.Inf.Regt.16 (47.Res.Div.)**) mit einer
______________
*) == Erdtelegraphie
**) Das Regiment gehörte kriegsgliederungsgemäß zur 14.Res.Div., unter-
stand jedoch seit dem 10.Juli der 47.Res.Inf., während umgekehrt die drei
Infanterie-Regimenter dieser Division im Abschnitt der 14.Res.Div. eingesetzt
54 Der Verlauf der Kämpfe bei Gruppe Watter.
Batterie der 47.Res.Div. als Begleitbatterie der 14.Res.DIv. zur Ver-
fügung gestellt, die 3.Res.Div. angewiesen, ihre gesamte Infanterie und
Artillerie in die Gegend von Hartennes vorzuziehen und schließlich noch
das Fußa.Batl. 158 der 47.Res.Div. nach Septmonts vorgeschoben.
Von den Divisionen der Gruppe Watter brauchte die 42.Inf.Div.
nur die Ausführung der schon vorher für den Fall eines feindlichen An-
griffs bestimmten Maßnahmen (Alarmierung und Vorziehen der Ruhe-
bataillone usw.) anzuordnen. die 14.Res.Div. entstandte als erstes
mehrere Offiziere des Divisionsstabes sowie einige Kavalleriepatrouillen
zur Klärung der Lage nach vorn. (Soweit diese Patrouillen pp. über-
haupt zurückkehrten, meldeten sie , daß es ihnen unmöglich gewesen wäre,
das feindliche Feuer in der Linie Chaudun -- Râperie (1 km südöstlich
Villemontoire) zu durchschreiten.) Das vom Gruppenkommando zur Ver-
fügung gestellte Res.Inf.Regt. 16 (s. o.), das im übrigen nur noch aus
zwei Bataillonen und einer kombinierten Kompagnie sowie drei Ma-
schinengewehr-Kompagnie bestand, erhielt Befehl, sich einem etwaigen
Gegenstoß der 28.Inf.Div. anzuschließen; hierzu sollte es in die Stellung
nördlich Vierzy rücken und einstweilen die nördlich Vauxcastille stehende
Artillerie decken*), oder, falls der Gegner bereits über die dortigen
Artilleriestellungen hinaus vorgedrungen sein sollte, ihn in der Vierzy-
Stellung aufhalten. Schließlich wies der Divisionskommandeur, Genlt.
Loeb, auf die Meldung hin, daß das feindliche Feuer sich bereits der
Pariser-Stellung**) näherte, den Kommandeur der Pioniere der 14.Res.-
Div. an, die ihm unterstehenden Pionier-Kompagnien als Sicherheits-
besatzung in die Vierzy-Stellung südlich Vierzy zu legen. Gleichzeitig
stellte er der 94. Res.Inf.Brig. die Ruhebataillone der Regter.159 und
Res.219, bisher Divisionsreserve, zur Verfügung.
Auch die 115.Inf.Div., bei welcher in der Nacht von 17./18. gerade
das rechte Flügelregiment (Inf.Regt.136) durch das Füs.Regt. 34
der 3. Res.Div. abgelöst worden war (vgl. S. 32), alarmierte ihre
Reserven: I./Füs.34 in Montremboeuf Fe. und Villers Hélon, I./171
bei Nadon Fe. und das eben abgelöste Inf.Regt. 136 im Walde
_________
und dieser unterstellt waren. Divisionen waren ganz besonders ab-
gekämpfte.
*) So im K.T.B. der 14.Res.Div.! Gemeint war wohl, daß das Res.Inf.-
Regt. 16 über die Stellung nördlich Vierzy hinaus vorrüber sollte, da es
ja sonst rückwärts der Artillerie gestanden hätte.
**) Hier ist die "2. Pariser-Stellung" gemeint.
Alarmierung der Reserven. -- Der Angriff gegen die 42.Inf.Div. 55
von Hartennes. Das I./34 wurde bald danach seinem Regiment, das
I./171 dem Res.Inf.Regt. 40 zur Verfügung gestellt.
Bei der 42.Inf.Div. hatte unmittelbar nach dem Beginn des feind-
lichen Artilleriefeuers das eigene Vernichtungsfeuer eingesetzt, das beim
Erscheinen der Leuchtkugeln in Sperrfeuer übergegangen war. Der Fran-
zösische Infanterieangriff wurde an der ganzen Divisionsfront on zahl-
reichen Tanks begleitet. Er gewann überall rasch Boden*). Auf dem
rechten Flügel wurden das Kampf-Schußstellung. Das von Courmelles
her Missy-Stellung auf den Feind, der bereits Missy besetzt hatte. Zu
einem Gegenstoß des Bataillons kam es nicht, dieses mußte sich viel-
mehr darauf beschränken, den Feind zunächst etwa 1200 m östlich Missy
aufzuhalten. Mit dem II. und III. Batl. sowie mit dem links benach-
barten Inf.Regt. 17 bestand keine Verbindung.
Beim Regt. 17 hatten in der Nacht von 17./18. Ablösungen statt-
gefunden: Das I.Batl. war kampf-, das III. Bereitschaft-, das II.Re-
serve-(Ruhe-)Bataillon geworden; von III:/17 lagen zwei Kompagnien
als Divisionsreserve in der "Pariser-Stellung" nördlich Chaudun. In
welcher Form sich beim Inf.Regt. 17 der erste französische Angriff ab-
gespielt hat, ist nicht mehr genau festzustellen. Eine um 6.00 vorm. ab-
gesandte Meldung des K.T.K. besagte, daß der Gegner (Neger) mit
starken Kräften angreife und bei einer Kompagnie in die Hauptwider-
standslinie eingedrungen sei; ein Gegenstoß wäre im Gange. Jedenfalls
ist hier beim Regt.17 hart gekämpft worden, doch waren gegen 6.40 vorm.
_________
*) Nach dem Gefechtsbericht der 42.Inf.Div. soll der Gegner zunächst bei
der linken und rechten Nachbardivision, später erst bei der 42.Inf.Div. selbst
angegriffen haben. Der Feind sei bei der 11.bayer. und 14.Res.Div. durch-
gebrochen und habe dann, von Norden gegen Inf.Regt. 131 und von Süden
gegen Inf.Regt. 138 einschwenkend, die beiden Flügel der 42.Inf.Div. umfaßt
bzw. ausgerollt. Da die 11.bayer.Inf.Div. die Vorgänge genau umgekehrt
schildert, ist zum mindesten für den rechten Flügel die Darstellung der 42. Inf.-
Div. zweifelhaft. Tatsächlich hat der Feind hier offenbar verhältnismäßig schnell
das Dorf Dommiers genommen, bereits um 6.30 vorm. ist vom B.T.K.**) des
Regts. 131 eine entsprechende Meldung abgegangen. Ob die Stellung des
Regts. 131 südlich Dommiers länger gehalten worden ist, als das Dorf selber,
ist nicht mehr festzustellen; eine Meldung des K.T.K. von 6.10 vorm. besagte, daß
die "vordere Linie weicht".
**) "Bereitschaftstruppen-Kommandeur" (Kommandeur des Bereitschafts-
bataillons).
56 Der Verlauf der Kämpfe bei Gruppe Watter.
die vier Kompagnien des Kampf- und die zwei vorderen des Bereitschafts-
bataillons erledigt. 6.45 vorm. erhielt der Regimentskommandeur in der
Pariser-Stellung die Meldung des K.T.K.: "Gegner ist auf der Regi-
mentsfront vollkommen durchgebrochen." II./17, welches gerade nach be-
endeter Ablösung (s. o.) nach seinem Ruhequartier Courmelles mar-
schierte, wurde angehalten und, da es zu einem Gegenstoße bereits zu
spät war, rechts neben der 10. und 12.Komp. in der Pariser-Stellung
eingesetzt; sein rechter Flügel lag etwa bei la Croix de Fer. Zwischen
beide (II.Batl. sowie 10. und 12. Komp.) wurden später -- gegen 7.45
vorm. -- die von vorn zurückkommenden Reste des I. und 1/2 III./17 ein-
geschoben.
Auch beim Inf.Regt. 138 wurde energisch in der vordersten Stellung
gekämpfte. Hier war der Gegner etwa 5.55 vorm. in die Hauptwiderstands-
linie eingedrungen, wenige Minuten später (5.58 vorm.) hatte ein Gegen-
stoß zweier Kompagnien (6. und 8.) des Bereitschaftsbataillons begonnen.
Näheres über die Kämpfe hier vorn ist nicht bekanntgeworden, eine
vom Regimentskommandeur vorgesandte Offizierpatrouille fand den
Weg nach der Verte Feuille Fe. durch von Süden und Westen vor-
gehenden Feind verlegt. Das I./138, welches als Ruhebataillon in Bercy
gelegen hatte, wurde, da es auch hier zu einem Gegenstoß schon zu spät
war, gegen 7.45 vorm. in der Pariser-Stellung eingesetzt. Es lag dort
mit dem rechten Flügel an der Straße Bercy -- Chaudun, mit dem linken
an der südlichen Divisionsgrenze.
Die Artillerie der 42.Inf.Div. hatte zunächst Sperrfeuer geschoben.
Die Batterien mußten indessen ihre Tätigkeit zeitweilig einstellen, da sie
keinerlei Verbindungen mehr zu ihren Beobachtungstellen hatten, die
unmittelbare Sicht aber durch Rauch und Nebel aufs äußerste be-
schränkte war. Als sich dann feindlichen Tanks und Schützenlinien
den einzelnen Batterien näherten, wehrten diese sich tapfer und zumeist
auch recht erfolgreich. Fast überall wurden zum Schluß die Geschütze
aus ihren Einschnitten herausgezogen, um im direkten Schluß die Panzer-
wagen und die Infanterie des Gegners zu fassen. Tatsächlich hatten die
Franzosen dadurch erhebliche Verlußte, eine Menge von Tanks konnte
vernichtet werden. Leider waren die sehr niedrigen Panzerwagen bei
der hohen Felderbewachsung nur sehr schlecht zu erkennen, so daß sie
meist schon nahe an den Batterien waren, ehe sie unter Feuer genommen
werden konnten. Auch die Maschinengewehre der Batterien kamen aller-
orts zu guter Wirkung. Trotzdem vermochte aber die Artillerie in dieser
Lage den feindlichen Ansturm nicht zum Stehen zu bringen, eine Batterie
Alarmierung der Reserven. -- Der Angriff gegen die 42.Inf.Div. 57
nach der anderen wurde vom Gegner genommen; nur Teile de Be-
dienungen gelangten nach Unbrauchbarmachung der Geschütze nach rück-
wärts. An einzelnen Stellen unternommene Versuche, noch im letzten
Augenblick die Protzen heranzuziehen, scheiterten. Gegen 8.30 vorm. war
die gesamte westlich der Missy- und Chaudun-Stellung eingesetzte Ar-
tillerie verloren.
In diesen Stellungen (Missy- und Chaudun-Stellung) wurde dem
Feinde im Abschnitt der 42.Inf.Div. der erste einheitliche erheb-
liche Widerstand geleistet. Mehrere von starker Artillerie und zahl-
reichen Tanks unterstützte Angriffe konnten bis 9.15 vorm. abgewiesen
werden. 8.30 vorm. wurde vom Gruppenkommando Watter der 42. Inf.-
Div. das Leib-Gren.Regt. 109 (28.Inf.Div.) zur Verfügung gestellt. Der
Divisionskommandeur, Genmaj. Buchholz, überließ das I. und
II. Batl. der 65.Inf.Div. zum Einsatz in der Chaudun-Stellung, das
III. sollte sich als Divisionsreserve am Hang nordwestlich Bercy bereit-
stellen.
Im Abschnitt der 14.Res.Div. folgten der Feuerwalze, die sich so-
gleich nach der Feuereröffnung in Bewegung setzte, die feindlichen
Sturmkolonnen in drei Wellen mit je 80 m Abstand. Auf dem rechten
Flügel wurde der Angriff über Verte Feuille Fe. durch Tanks unter-
stützt. Hier griffen Amerikaner an, während in der Mitte und auf dem
linken Flügel des Divisionsabschnitts Franzosen, verstärkt durch General-
Bataillone, vorgingen. Entgegen den Erwartungen der Division sparte
der Gegner bei seinem Angriff den Savières-Grund zunächst aus und
griff statt dessen die Höhen südlich und nördlich des Grundes besonders
heftig an. Die deutschen Stellungen im Savières-Bachtal wurden in
erster Linie artilleristich bekämpft. Die dort eingesetzten Bataillone des
Inf.Regts. 159 hielten sich daher verhältnismäßig lange, der Abschnitt
fiel erst im späteren Verlauf des Angriffd durch Umfassung. Das eigene
Sperrfeuer setzte automatisch 5.34 vorm. ein, noch ehe überhaupt die
angegriffene Infanterie die Sperrfeuerzeichen gegeben hatte. Die Batte-
rien schossen -- durchaus den hierfür gegebenen Anordnungen ent-
sprechend -- zunächst "Sperrfeuer weit", d. h. vor die Postenlinie. Als
dann 5.30 vorm. die entsprechenden Zeichen erschienen, wurde das Feuer
vor die Hauptwiderstandslinie zurückgezogen ("Sperrfeuer kurz"). Tat-
sächlich hat wohl der Gegner, der seiner Feuerwalze außerordentlich
dichtaus folgte, zum mindesten das "Sperrfeuer weit" unterlaufen.
Bei dem auf dem rechten Flügel der Division eingesetzten Res.Inf.-
Regt. 219 fand der Feind kräftigen Widerstand, insbesondere hielt sich
58 Der Verlauf der Kämpfe bei Gruppe Watter.
eine Kompagnie des Bereitschaftsbataillons (11./Res.219) am Megrand
nördlich der Beaurepaire Fe. lange. Es kam hier zu einem Gegenstoß
der durch Teile des Reservebataillons verstärkten Bereitschaftskompag-
nien, der allerdings den Angriff der Amerikaner nur zeitweilig aufhalten
konnte. Immerhin mußte der Angreifer an diesem Abschnitt aber hart
kämpfen, er erlitt im Feuer der deutschen Maschinengewehre erhebliche
Verluste. Eine letzte Reservekompagnie des Regiments, die in der Mulde
nördlich Vauxcastille gelegen hatte, wurde zur Abriegelung nach links
gegen den beim Res.Inf.Regt. 218 eingedrungenen Gegner eingesetzt.
Dort gewann der feindliche Angriff überraschend schnell Boden, es kam
zu einem einwandfreien Durchbruch. Sowohl das Stellungsbataillon
(III./Res. 218) als auch die beiden Bereitschaftsbataillone (II. und
III./Res. 220) wurden glatt überrannt. Das aus dem I. und II./Res. 218
kombinierte Reservebataillon des Regiments in der Höhle von Vaux-
castille erhielt den Befehl, die Höhe westlich des Dorfes zu besetzen, stieß
aber bereits auf dem Wege dorthin auf den Gegner, der schon bis zum
Schloßpark von Vauxcastille vorgedrungen war. Es gelang, den Feind
im Gegenstoß etwas zurückzudrängen. Das Bataillon besetzte dann den
Höhlenrand und richtete sich, als der Angreifer von allen Seiten vor-
drang, zur Verteidigung ein, in der es sieben oder acht Angriffe abschlug.
Die tapferen Kompagnien mußten aber schließlich am Nachmittag nach
heldenhafter Gegenwehr die Waffen strecken.
Das den Savières-Grund verteidigende Inf.Regt. 159 wurde, wie
erwähnt, in der Front zunächst nicht angegriffen, doch sahen sich seine
beiden in vorderer Linie eingesetzten Bataillone (II. und III.) bald zur
Verteidigung nach rechts und links hin genötigt. Da der Gegner hier
schnell vorwärtskam, wurden nach einiger Zeit die vorn stehende 11.,
12., 6. und 7., bald darauf auch die in Bereitschaft liegende 10., 9., 5.
und 8. Komp., später die Reserve des linken Bataillons, die 4., und
schließlich auch noch die bis zum Regts.Gefechtsstand südlich der Min.
de Villiers-Hélon vorgeschobene 3. Komp. umgangen und mit geringen
Ausnahmen erledigt.
Bei dem linken Flügelregiment, dem Res.Inf.Regt. 53, erfolgte das
Vordringen des Gegners außerordentlich schnell. Bereits 6.00 vorm. hatte
der Feind die erste Linie sowie eine Höhle etwa 1200 m östlich Longpont,
in der sich der K.T.K. befand, überrannt. Nur 1 Offizier, 4 Unteroffizieren
und 6 Mann gelang es, z. T. schwerverwundet, zum rechten Nachbar-
regiment zu entkommen. Zu dieser Zeit (d. h. 6.00 vorm.) traf beim
Bereitschaftsbataillon (I.), welches im Bachgrund zwischen Min de Villiers-
Die 14. Res.Div. sucht die Vierzy-Stellung zu halten. 59
Hélon und der Montremboeuf Fe. lag, die Meldung ein, daß der
Feind die erste Linie bereits überschritten habe und im Vordringen auf
die deutschen Artillerie-Stellungen sei. Ein daraufhin sofort angesetzter
Gegenstoß des Bereitschaftsbataillons kam aber wegen des in dieser
Gegend liegenden sehr starken Artilleriefeuers nicht zur Ausführung.
Das Bataillon kämpfte dann noch einige Zeit westlich der Vierzy-
Stellung. Die 1. Komp. hielt zeitweilig mit guter Wirkung einen Gegner
auf, der aus Richtung Vauxcastille nach Süden hin vordrang. Schließ-
lich wurde aber auch dieses Bataillon überwältigt, Reste gelangten in die
Vierzy-Stellung.
Die Artillerie der 14. Res.Div., welche ausnahmslos westlich der
Vierzy-Stellung stand, war auf ,,Sperrfeuer kurz" geblieben, bis sich ihr
beim Vorschreiten des feindlichen Angriffs neue, direkt anzurichtende
Ziele boten. Dann war es aber meist schon so weit, daß die Batterien
zur Nahverteidigung schreiten mußten, die aber beim Ausbleiben gleich-
zeitiger Inf.Gegenstöße naturgemäß nur von verhältnismäßig kurzer
Dauer sein konnte. Die Batterien waren in allen Fällen bald umgangen
und mußten die Stellungen unter großen Verlusten aufgeben. Da das
Vordringen des Feindes s e h r schnell erfolgte, konnte nirgends mehr ein
Stellungswechsel rückwärts ausgeführt werden. Es gelang aber überall,
die nicht bereits durch Artilleriefeuer usw. zerstörten Geschütze unbrauch-
bar zu machen. Daß die Batterien bis zu ihrem Verlust außerordentlich
tätig gewesen waren, geht daraus hervor, daß sie bis zu ihrer erzwunge-
nen Feuereinstellung bis an 1000 Schuß abgegeben haben. Die beiden
bespannten Tankzüge des Res.Felda.Regts. 14 wurden alarmiert und
östlich der Vierzy-Stellung bei Léchelle bzw. nordöstlich Vierzy in
Stellung gebracht.
So war auch im Abschnitt der 14. Res.Div. fast das gesamte Ge-
lände westlich der die Fortsetzung der Chaudun-Stellung nach Süden
bildenden Vierzy-Stellung verlorengegangen, nur vor dem linken Divi-
sionsflügel befanden sich noch Teile des Inf.Regts. 159 und Res.Inf.-
Regts. 53 westwärts der Vierzy-Stellung im 2. Pariser Graben. In die
Vierzy-Stellung gingen jetzt die schwachen Reste der Kampf- und Be-
reitschaftsbataillone zurück, beim Res.Inf.Regt. 219, Res.Inf.Regt. 218
und Inf.Regt. 159 waren sogar bereits die Reservebataillone ganz oder
doch teilweise aufgebraucht worden. In der Vierzy-Stellung selber fand
sich eine Sicherheitsbesatzung, die aus der 3. und 4./Landst. Geldern und
Teilen der M.G.Ss.Abt. 41 bestand. Zu ihrer Verstärkung trafen die
Pionier-Kompagnien der 14. und 47. Res.Div. (1. und 2. Res./Pi. 7, Res.-
60 Der Verlauf der Kämpfe bei Gruppe Watter.
Pi.Komp. 47 und 91) gegen 7.30 vorm. ein. Außerdem waren die Reste
des in der Nacht vom 17./18. abgelösten I./Res. 220 an der
Westseite des Schloßparks eingesetzt worden. Es scheint, daß diese
-- an sich schon schwachen -- Kräfte sich im wesentlichen in
Vierzy selbst und verhältnismäßig dicht nördlich des Dorfes zusammen-
geballt haben; jedenfalls ist auf dem rechten Flügel des Divisions-
abschnitts der hier in die Vierzy-Stellung einbezogene Teil des sog.
,,1. Pariser Grabens", offenbar nur schwach oder gar nicht besetzt ge-
wesen. Auf den nördlich Vierzy gelegenen Teil der Vierzy-Stellung war
inzwischen das Res.Inf.Regt. 16 angesetzt worden (vgl. S.54).
Bei der 115. Inf.Div. erfolgte der feindliche Infanteneangriff erst
etwas später, um 6.00 vorm. Der erste Ansturm wurde hier überall
abgeschlagen außer am Wege Corcy -- Louâtre, an welchem dem Gegner
ein Einbruch in die Stellung des rechten Flügelbataillons des Res.Inf.
Regts. 40 glückte. In geschickter beweglicher Verteidigung gelang es in-
dessen dem durch das I./171 verstärkten Regiment, eine räumliche Ab-
grenzung des feindlichen Einbruchs durch energische Abriegelung nach
Norden gegen Louâtre und gleichzeitiges Ausweichen in die Haupt-
widerstandslinie in und südlich des Vallée du Gros Chêne zu erreichen.
so daß ein Aufrollen der Front und ein Einbruch in diese Mulde ver-
hindert wurde. Bei diesen Kämpfen wurden 25 Gefangene der Regi-
menter 42, 167, 2. mixte und des Senegal-Schützen-Batls. 75 eingebracht.
Bald aber machte sich der Einbruch des Gegners bei den beiden
Nachbardivisionen auch im Abschnitt der 115. Inf.Div. bemerkbar. Von
dem auf dem rechten Flügel kämpfenden Füs.Regt. 34 waren das Kampf-
und das Bereitschaftsbataillon (III. und II.) zusammen mit der westlich
Villers Hélon in der Artillerieschutzstellung eingesetzten Pi.Komp. 229
bis gegen 7.00 vorm. der Umfassung von Norden her größtenteils zum
Opfer gefallen. Vom III./34 hielt sich ein großer Teil, allmählich völlig
eingeschlossen, bis gegen Abend in Violaine. Die Reste kämpften, zu-
sammen mit dem I./34, -- bisher Divisionsreserve -- noch einige Zeit
bei und in Villers Hélon und gingen dann auf die Mauloy-Stellung (die
Fortsetzung der Vierzy-Stellung nach Süden!) zurück. Teile des I./34
hielten sich in der Montremboeuf Fe. bis zum 20. Juli. Die in dieser
Gegend stehende ,,Untergruppe rechts", die aus drei Feldkan.- und zwei
l. F.H.Batterien bestand, wurde nach erbittertem Nahkampf vom Gegner
genommen.
Gleichzeitig wuchs aber auch die Gefahr vom Süden her. Dort hatte
der Gegner im Abschnitt der linken Nachbardivision Ancienville ge-
Drohende beiderseitige Umfassung der 115. Inf.Div. 61
nommen und drang nun aus der Gegend östlich dieses Dorfes um 7.00 vorm.
mit starken Stoßtrupps gegen die linke Flanke der 115. Inf.Div.
vor. Durch die Vernebelung des Tales nördlich Ancienville und die
Beschäftigung mit dem frontal angreifenden Gegner bemerkten die
kämpfenden Kompagnien die drohende Umgehung ihrer linken
Flanke nicht frühzeitig genug; die beiden linken Flügelkompagnien des Inf.-
Regt. 171 (9. und 11.) wurden daher im Rücken gefaßt und nach länge-
rem Kampfe überwältigt. Gleichzeitig gelang dem Gegner auch ein von
der Lionval Fe. in nördlicher Richtung geführter Angriff. Hier konnte
er vorübergehend in die Feuerstellung der 6./Felda. 28 eindringen, ein
energischer Gegenstoß warf ihn jedoch wieder heraus. Nach Einsatz der
letzten Reserven des Inf.Regts. 171 kam gegen 9.00 vorm. der Kampf hier
zum Stehen. Die Linie Wegestern im Nordwestteil des Buisson de
Hautwison -- 500 m nordöstlich Lionval Fe. wurde bis zur befehls-
gemäßen Räumung am Abend gehalten. (Der rechte Flügel der links
benachbarten 40. Inf.Div. hatte sich bei la Loge Fe. -- Villers-le Petit, also
z T. hinter dem Inf.Regt. 171, festgesetzt.)
Aber auch auf dem rechten Flügel der 115. Inf.Div. war bis gegen
9.00 vorm. ein gewisser Stillstand eingetreten. Hier waren die zurück-
gehenden 34. Füsiliere in der Mauloy-Stellung vom I. Batl. des Res.
Inf.Regts. 2 aufgenommen worden. Dieses Regiment war in der Nacht
vom 17./18. als Korpsreserve in den Wald von Mauloy vorgerückt, es
hatte in der folgenden Nacht als zweites Regiment der 3. Res.Div. das
Res.Inf.Regt. 40 ablösen sollen. Auf eine Meldung vom Vordringen des
Gegners bis nach Vauxcastille und über Min de Villiers-Hélon hatte
das Gruppenkommando gegen 7.30 vorm. ein Bataillon des Regiments
(II.) eine Riegelstellung gegen Min de Villiers-Hélon einnehmen lassen,
ein weiteres (1.) der 115. Inf.Div. zum Einsatz in der Mauloy-Stellung
zur Verfügung gestellt (s. u.)*). Diese ließ es von der Nordostecke des
Mauloywaldes mit Front nach Nordwesten eine Riegelstellung gegen
einen etwa im Bachgrunde vordringenden Feind einnehmen.
Das Vordringen des Gegners über Villers Hélon machte sich aber
natürlich sehr bald auch beim Res.Inf.Regt. 40 bemerkbar, das sich gegen
die fast unvermeidliche Umfassung seiner rechten Flanke zu wehren
_________________
*) Es ist nicht klar, ob, wie das K.T.B. der 115. Inf.Div. behauptet, das
letzte Bataillon (III.) durch den gleichen Korpsbefehl zum ,,Gegenstoß gegen
Montremboeuf Fe." angesetzt worden ist. Wahrscheinlich ist das III./Res. 2 erst
durch den Korpsbefehl von 8.30 vorm. der 115. Inf.Div. überwiesen worden.
62 Der Verlauf der Kämpfe bei Gruppe Watter.
hatte. Der Feind drückte jetzt aus der Linie Villers Hélon -- Louâtre in
südöstlicher Richtung vor. Hier blieb die Lage der 115. Inf.Div. kritisch.
Zu welchen Zeiten die Divisionsstäbe und das Gruppenkommando
Meldungen über die jeweiligen Phasen des feindlichen Angriffs und
über das Vordringen des Gegners erhielten, ist im einzelnen nicht mehr
festzustellen. Jedenfalls traf um 7.25 vorm. beim Gruppenkommando eine
Meldung der 14. Res.Div. ein, daß der Gegner anscheinend in Vaux-
castille und Min de Villiers-Hélon eingedrungen sei (s. o.). Der Division
wurde darauf das Füs.Regt. 40 (28. Inf.Div.) zum Gegenstoß auf Vaux-
castille zur Verfügung gestellt. Ferner wurde ein Bataillon des Korps-
reserveregiments, Res.Inf.Regt. 2, zum Abriegeln gegen Min de
Villiers-Hélon angesetzt, ein weiteres Bataillon dieses Regiments der
115. Inf.Div. zum Einsatz in der Mauloy-Stellung zugeteilt (s. o.). 7.45
vorm. meldete die 42. Inf.Div., daß der Gegner beim Inf.Regt. 17 und
südlich beim Regt. 138 durchgebrochen, die Lage bei Regt. 131 noch nicht
geklärt sei. Die Reservebataillone der drei Regimenter bei Chaudun
sollten zum Gegenstoß verwendet werden, sobald der Gegner die Ar-
tillerie bedrohte. Bis 8.00 vorm. klärte sich die Lage dahin, daß der Ge-
gner im Abschnitt der 42. Inf.Div. Ia Croix de Fer erreicht hatte, bei der
14. Res.Div. in Vauxcastille eingedrungen war. Um Vierzy schien ge-
kämpft zu werden. Auf der Gegend ö st li ch Chaudun -- Vierzy lag
planmäßiges feindliches Sperrfeuer.
Es schien also zu dieser Zeit noch möglich. den feindlichen Angriff
in der Chaudun-Vierzy-Mauloy-Stellung aufzufangen. Dem entsprach
der gegen 8.20 vorm. ausgegebene Korpsbefehl:
1. Gegner ist im Angriff gegen Chaudun -- Vierzy und über Villers-Hélon.
2. Gegner ist in der Chaudun-Vierzy-Mauloy-Stellung aufzufangen, diese
Stellung ist abzuriegeln.
3. Es wird zur Verfügung gestellt:
der 42. Inf.Div. :Gren.Regt. 109,
der 14. Res.Div.: Füs.Regt. 40.
der 115. Inf.Div.: Res.Inf.Regt. 2.
Die Regimenter sind in sich tiefgegliedert einzusetzen. Es ist die letzte
Reserve, die in nächster Zeit zur Verfügunggestellt werden kann.
4. Korpsreserve: Gren.Regt. 110 im Anmarsch auf Villemontoire, Res.-
Inf.Regt. 49 im Marsch von Süden nach Hartennes. 34. Inf.Div. ist
zum Gegenangriff aus Linie Missy -- Ploisy bereitgestellt.
46.Res.Div. im Uferwechsel bei Venizel nach Süden*).
___________________________
*) Der letzte Satz des Korpsbefehls bezog sich darauf, daß das A.O.K. 9
durch einen Armeebefehl von 8.15 vorm. die 46. Res.Div. als Armeereserve auf
das südliche Aisne-Ufer in die Gegend von Billy -- Acy geschoben hatte. Die
Befehlsübermittlung an diese Division sollte durch die Gruppe Watter erfolgen,
bei der zunächst auch ihr späterer Einsatz vorgesehen war. (Im übrigen war
die 46. Res.Div., die mehrere Nachtmärsche hinter sich hatte, stark erschöpft, sie
ollte mit je einer Regiments.Kampfgruppe Billy, Acy und Venizel erreichen.
Sie blieb vorläufig Armeereserve.)
Maßnahmen des Gruppenkdos. -- Verlust der Chaudun-Stellung. 63
Bei der 42. Inf.Div. trafen die beiden der 65. Inf.Brig. zur Ver-
teidigung der Chaudun-Stellung zur Verfügung gestellten beiden Ba-
taillone des Gren.Regts. 109 mit Verspätung ein. Es war dort gegen
9.30 vorm. dem Gegner bereits gelungen, durch Umfassung und Auf-
rollen sowie unter Masseneinsatz von Tanks sich in den Besitz der Chau-
dun-Stellung zu setzen. Während auf dem rechten Flügel der Division
das Inf.Regt. 131 noch die Missy-Stellung von der nördlichen Divisions-
grenze bis zu der Höhe 1 km östlich Missy (Punkt 166; s. Karte 3) hielt,
mußten die Regter. 17 und 138 in eine Linie zurückgehen, die sich von
dieser Höhe aus an den Westrand der Schlucht von Chazelle hinzog. Von
den beiden nun eintreffenden Bataillonen des Regts. 109 wurde das I.
zwischen den Regimentern 131 und 17. das II. südlich Inf.Regt. 138
eingesetzt.
Bis 10.30 vorm. suchte der Feind aus Chaudun weiter in westlicher
Richtung Boden zu gewinnen, seine Angriffe wurden wieder von zahl-
reichen Tanks unterstützt. Sie brachen jedoch alle im Feuer der Ver-
teidiger, insbesondere der 2./Felda. 14, der Begleitbatterie des Gren.-
Regts. 109, zusammen.
Da inzwischen in den Abschnitt des Inf.Regts. 131 auch Teile des
Regts. 145 -- zu der bei Gruppe Staabs eingesetzten 34. Inf.Div. gehörig
-- eingeschwärmt, der Kommandeur des Regts. 131, Oberstlt. Fischer,
und der Regts.Führer Inf.Regt. 17, Maj. v. Winning , gefallen
waren, wurden zur Schaffung klarer Befehlsverhältnisse die Infanterie-
kräfte im Abschnitt der 42. Inf.Div. in die Abschnitte ,,Nord", ,,Mitte"
und ,,Süd" neu gegliedert. Es war für die Verteidigung günstig, daß der
Gegner seine Angriffe zwischen 1030 und 130 nicht fortsetzte. Diese Zeit
wurde zum Ordnen der Verbände und zur Herstellung einer Tiefen-
gliederung benutzt.
Gegen 12.00 mittags ging auch die der 42. Inf.Div. zugeteilte
II./Felda. 269 südwestlich Berzy in Stellung und begann das Ein-
schießen. Außerdem standen der Divisionen für die Nachmittagskämpfe
noch zwei Feldkan.Batterien (2./14 und 2./28), ein Tankzug der 1./15
sowie je eine Feldkanone und 1. Feldhaubitze aus der Artl.Instand-
setzungswerkstatt zur Verfügung.
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